Klosterkirche Nienburg

Die Klosterkirche in Nienburg ist eine der großen gotischen Hallenkirchen in Anhalt und liegt an der „Straße der Romanik“. Sie geht als Klosterkirche auf das 11. Jahrhundert zurück. Bereits 975 war das vom Kölner Erzbischof Gero und seinem Bruder Thietmar in Thankmarsfelde im Harz gegründete Benediktinerkloster nach Nienburg verlegt worden. Mehrere Kaiser schenkten dem Kloster große Ländereien östlich von Saale und Elbe.
Öffnungszeiten
In der Sommerzeit (1. Mai bis 31. Oktober): Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 14-16 Uhr. Der Eingangsbereich ist in der Regel 8-18 Uhr geöffnet. Führungen können Pfarrbüro angemeldet werden.
Infos
Flyer zur Klosterkirche Nienburg
ACHTUNG neue Kontonummer für Spenden:
Schlosskirchengemeinde Nienburg
DE 38 8005 5500 0201 0471 87
Nienburg Pfarramt im Verbund Bernburg
Reichskloster & viele Brände
1004 wird die erste Kirche des Reichsklosters Nienburg der Heiligen Jungfrau Maria und dem Heiligen Cyprian geweiht – in Gegenwart von Heinrich II. Diese Kirche brennt 1050 ab, es entsteht 1060 ein neuer romanischer Bau. 1166 wird das Kloster dem Magdeburger Erzbischof unterstellt und büßt damit seine Stellung ebenso wie zahlreiche Ländereien ein.
1242 wird Nienburg zum Schauplatz von Kämpfen zwischen dem Magdeburger Erzbischof und dem Markgrafen von Brandenburg. Stadt, Kloster und Kirche brennen, letztere muss wieder neu gebaut werden – diesmal im frühgotischen Stil. Doch wird sie 1280 wieder ein Opfer der Flammen.
Der Neubau sieht völlig anders aus: Keine mehrschiffige Basilika, sondern eine lichte gotische Hallenkirche nach dem Vorbild der Elisabethkirche in Marburg an der Lahn. Auf der Ebstorfer Weltkarte um 1300 ist Nienburg übrigens als einziger Ort in der weiteren Umgebung eingezeichnet. 1520 wird das alte westliche Querschiff der Kirche abgerissen und das Langhaus nach Westen erweitert. Der Bauernkrieg unterbricht die Bauarbeiten.
Das Kloster wird teilweise zerstört, die Mönche fliehen 1525 vor den aufständischen Bauern, kehren aber 1528 in das Kloster zurück und vollenden 1537 den Umbau des westlichen Teiles der Kirche mit dem Turm.
Reformation & Klosterkirche
Die Reformation setzt sich in Nienburg erst Jahrzehnte später durch. Am 6. Mai 1563 übergibt der letzte Abt des Klosters “gutwillig” alle Urkunden den anhaltischen Fürsten. Damit endet die fast 600jährige Geschichte des Nienburger Benediktinerklosters. Um 1600 werden zahlreiche Altäre und Bildwerke aus der Kirche entfernt.
Im Dreißigjährigen Krieg plündern die Schweden. 1693 werden die Klausurgebäude des ehemaligen Klosters zu einem fürstlichen Schloss umgebaut – dem Witwensitz der Fürstinnen von Anhalt-Köthen. Die Kirche wird zur Schlosskirche. 1841-53 restaurieren die anhaltischen Fürsten umfassend den Innenraum. Der Fürstenstuhl im Nordfl ügel des Querschiffes wird 1855-60 erneuert. Der Turm war schon Anfang des 18. Jahrhunderts bis auf die heutige Höhe abgetragen worden.
1872 wird das Schloss samt Kirche an ein Industrieunternehmen verkauft und das Schloss zu einem Reisstärkebetrieb umgebaut. Später werden daraus eine Malzfabrik und ein Betrieb der Getreidewirtschaft, der 1990 stillgelegt wird. 1997 brennen große Teile des ehemaligen Betriebes ab.
Die Schlosskirche heute & ihre Gemeinden
Während die Gemeinde der Klosterkirche ursprünglich lutherisch war, gingen die Reformierten in Nienburg zur Stadtkirche. 1880 wurden die Gemeinden vereinigt. Die Klosterkirche gehört heute der Evangelischen Landeskirche Anhalts mit Sitz in Dessau. Sie wird gemeinsam von der evangelischenund der katholischen Gemeinde in Nienburg genutzt.
Die beiden Konfessionen feiern ökumenische Gottesdienste. Sie haben auf Grundlage der „Charta oecumenica“ Leitlinien für die Zusammenarbeit unterzeichnet. Saniert wurde die Kirche in den 1960er; 1980er Jahren und vor allem nach 1990. Mit Unterstützung von Bund, Land und zahlreichen Spenderinnen und Spendern wurden das Dach (1995-97) und die südliche Außenfassade saniert (1996/97) und die Chorfenster erneuert (1998/99). 2014 folgte die Sanierung des Mauerwerks im Chor. Derzeit wird ein Konzept für die Erhaltung des Daches erarbeitet.
Ausstattung
Die ältesten Ausstattungsstücke der Klosterkirche sind der romanische Schmuckfußboden aus Gips-Estrich und eine Monatssäule. Diesen beiden Kostbarkeiten ist es zu danken, dass der gotische Bau zur „Straße der Romanik” zählt. Zwei Gemälde, eines darunter von Lucas Cranach dem Jüngeren, ergänzen die wertvolle Innenausstattung. Der spätromanische Schmuckfußboden entstand um 1200 auf dem Chorquadrat der damaligen Krypta. In erhärteten Gips-Estrich wurden Figuren, Ornamente und Schrift eingeritzt, danach die entstandenen Rillen mit farbigem Gips ausgefüllt. Der Schmuckboden wurde erst 1926 bei Ausgrabungen wieder entdeckt, eingelagert und Ende der 1980er Jahre mühsam wieder zusammengesetzt.
Die gotische Monatssäule ist einzigartig im deutschen Kulturkreis. Getrennt durch einen Schaft stehen Personen mit Attributen auf Tierkreiszeichen. Sie stellen die Sommermonate dar. Darunter sind in gleicher Weise die Wintermonate angeordnet. Die Säule wurde bei Ausgrabungen im 19. Jahrhundert in der südlichen Kapelle gefunden und wird jetzt als Osterleuchter genutzt. An den Seitenwänden des Chores hängen zwei große Tafelbilder, an der Südwand ein Original von Lucas Cranach d.J. Es ist ein Epitaphgemälde und zeigt den anhaltischen Fürsten Joachim Ernst und seine Gemahlin Agnes, geb. Gräfin von Barby, mit ihren Kindern vor dem gekreuzigten Heiland. Im Hintergrund sind die Städte Bernburg und Nienburg zu sehen.
Das gegenüberliegende Tafelbild ist die Kopie des Gemäldes „Christus am Ölberg“ von Lucas Cranach d. J. und stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert. Das Original von 1553, zugleich Epitaph für Fürst Georg III. von Anhalt, hängt in der Kirche St. Johannis Dessau. Beide Nienburger Gemälde müssen dringend restauriert werden.
An der Ostwand des Chores befindet sich die Grabplatte des Klostergründers Markgraf Thietmar, der 978 starb und in der Klosterkirche beigesetzt wurde. Er trägt ein Modell der Kirche in der Hand. Rechts neben ihm sein Sohn, der Markgraf Gero, der 1015 im Kampf gegen die Polen fiel. Das Grabdenkmal wurde 1350 von Abt Heinrich von Bardeleben errichtet und lag ursprünglich in der Vierung. An der südlichen Außenwand der Kirche sind neben der Eingangstür die Reste einer Sonnenuhr und das eingeritzte Brustbild eines Abtes zu sehen.