Wolfgang von Anhalt: Geschichte

Fürst Wolfgang von Anhalt: Ausschnitt aus dem Gemälde „Gnadenstuhl” von Lucas Cranach d.J. in der Zerbster Kirche St. Bartholomäi

Fürst Wolfgang von Anhalt kann als eine zentrale Figur der anhaltischen Erinnerungskultur des 19. Jahrhunderts gelten. Als dem „Bekenner“ oder „Standhaften“ schrieben ihm Kirche und Staat wesentliche Verdienste für ihre Existenz zu. Seither ist Fürst Wolfgang im öffentlichen Gedächtnis wie in der Forschung jedoch weit zurückgetreten. Aus drei Gründen erscheint es erstrebenswert, dies zu ändern:

Erstens zu nennen ist Wolfgangs besonders frühes und mutiges Bekenntnis zur reformatorischen Botschaft seit 1524 – trotz seiner machtpolitischen Schwäche als „kleiner“ Fürst und obwohl seine Dessauer Verwandten und mächtige benachbarte Fürsten bis in die 1530er und 1540er Jahre im altgläubigen Lager verharrten.

Wolfgang hatte bereits am Reichstag zu Worms 1521 teilgenommen und war dort Luther begegnet. 1526 wurde er Gründungsmitglied des evangelischen Verteidigungsbündnisses Torgauer Bund. Schließlich gehörte er zu den protestierenden Reichsständen auf dem Reichstag zu Speyer 1529 sowie zu den Unterzeichnern der Confessio Augustana 1530.

Damit leistete Wolfgang im Verein mit anderen Reichsständen einen entscheidenden Beitrag zur Konsolidierung der Reformation. Ähnliches lässt sich auch in Bezug auf Anhalt sagen: Auch hier fand zwar die Reformation zuerst in den Städten ihren Widerhall, doch auf Seiten der Fürsten war Wolfgang ihr erster Beförderer, indem er die Bürger unterstützte und durch Visitationen (erstmals 1524) und Kirchenordnungen (seit 1527) auf eine Umsetzung evangelischer Ideen hinwirkte. Klostersäkularisationen und Stiftungen zu caritativen und Bildungszwecken vervollständigen das Bild eines auch für die Staatsbildung bedeutenden Fürsten.

Zweites Argument ist das Profil des späten Wolfgang als historischer Zeitzeuge der Reformation. Er, der 1547 aufgrund seines Bekenntnisses sein Fürstentum verlor und längere Zeit im Exil verbrachte, überlebte nicht nur seinen Vetter Georg um 13 Jahre, sondern repräsentierte noch zwanzig Jahre nach Luthers Tod (1546) die erste Generation der reformatorischen Reichsfürsten. Dies war eine Zeit, in der sich der Protestantismus schon zu spalten begann. Wolfgang steht so als Bindeglied zwischen der Wittenberger und der reformierten Tradition Anhalts.

Und schließlich sind drittens Wolfgangs Bemühungen zu nennen, sich der Nachwelt in Erinnerung zu halten. Gerade sie sind heute besonders greifbar: Man denke an den Wolfgangbau des Bernburger Schlosses mit seinen Runderkern, den Leuchten, und die Gemälde Lucas Cranachs des Jüngeren in der Zerbster Kirche St. Bartholomäi, seiner Grablege, die er in seinen letzten Lebensjahren baulich umgestalten ließ.